Prüfmethoden für den mechanischen Einbruchschutz

Einbrüche passieren fast 180.000 mal pro Jahr in Deutschland. Dabei ist es weitgehend egal, ob es sich um eine billige Studentenbude, eine mit viel Technik ausgestattete Arztpraxis, eine exklusive Villa oder ein Industrieunternehmen mit Kaffeekasse im Büro handelt, eingebrochen wird überall – und zu fast allen Tageszeiten. Vielen Einbrechern geht es tatsächlich um die 100 DM Hartgeld oder den alten Videorecorder, den sie zu Geld machen.

Grundüberlegungen

Wenn Einbrechern ausreichend viel Zeit für ihr kriminelles Vorhaben zur Verfügung steht, darüber hinaus know-how, Kraft und entsprechend guter Ausrüstung vorhanden ist, dann führen deren Einbruchversuche in der Regel zum Erfolg. Lediglich zufälliges Entdecken oder die Alarmierung durch Einbruchmelder können den Einbruch im Keime ersticken.

Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass auch noch so stabile mechanische Barrieren nicht ausreichen, um Einbrecher abzuschrecken – ohne elektronische Überwachung nutzt die beste Mechanik nichts.

Doch andererseits nutzt auch die beste Einbruchmeldeanlage ohne Mechanik
nichts. Nur die richtige, sinnvolle Kombination von Elektronik und Mechanik führt zum Ziel – und richtig heißt, dass die mechanischen Elemente elektronisch überwacht werden und somit Angriffe gemeldet werden, lange bevor die Mechanik überwunden wurde. Wir werden in den Beiträgen der nächsten Heften auf Elek-
tronik und Mechatronik zu sprechen kommen.

Dieser Beitrag will auf die Prüfmethoden der Mechanik eingehen. Wer kann sich unter EH 01, C 5 oder ET3 schon vorstellen, welche kriminelle Energie, welcher Kraftaufwand und welche Zeit benötigt werden, um diese Barrieren zu überwinden? Was bedeutet es, wenn eine Glasscheibe 30 Akthiebe oder 3 Kugelfallversuche mit 4,11 kg aus 6,5 m Höhe aushält: Ist die jeweilige Scheibe dann gänzlich überwun-
den? Diese theoretischen, abstrakten Angaben nutzen dem Anwender oft wenig und die Prüfmethoden im Labor entsprechen nicht der Realität: So werden z. B. im Labor die Glasscheiben horizontal gelegt, wohingegen in der Praxis Glasscheiben nur vertikal anzutreffen sind. Es ist wesentlich einfacher, eine horizontale Glasscheibe zu zertrümmern als eine vertikal angebrachte. Auch ist anzunehmen, dass Nachbarn oder Passanten nach ein paar Akthieben oder Hammerschlägen alarmiert werden und ein Einbrecher deshalb nicht 70mal auf eine Scheibe einschlagen wird bzw. kann. Zudem meinen viele fälschlicherweise, die einbruchhemmenden Elemente seien dann nach ein paar Würfen oder Hieben gänzlich überwunden und demzufolge seien sie nur unwesentlich besser als konventionelle Gebäudeelemente. Wer lediglich die Prüfmethoden-Vorschriften durchliest kommt ohne praktische Erfahrung schnell zu dem Schluß, dass sich der Aufwand nicht lohnt, denn nach entsprechenden Bearbeitungen der Scheiben wäre jeder Einbrecher am Ziel, als ob das Fenster oder die Tür offenstehen würden. Dass dem nicht so ist, will dieser Beitrag zum Ausdruck bringen.

Prüfmethoden

Die DIN 52 290 sowie verschiedene VdS-Richtlinien (VdS 2163, VdS 2164) regeln die Prüfung von Verglasungen. So gibt es hiernach die folgenden Bezeichnungen:

DIN-BezeichnungVdS-BezeichnungEH 01A 3EH 02-EH 1B 1EH 2B 2EH 3B 3“EH” steht für “einbruchhemmend”, “A” für durchwurfhemmend und “B” für durchbruchhemmend.

Bei den A-Verglasungen gibt es die Güteklassen A 1, A 2 und A 3, wobei die Versuchsanordnung aus einer 4,11 kg schweren Metallkugel besteht, die aus 3,5 m (A 1), 6,5 m (A 2) oder 9,5 m dreimal auf die horizontal liegende Scheibe fallengelassen wird. Bei der EH 02-Scheibe wird die Wurfhöhe auf 12,5 m erhöht.
Die Anordnung geschieht in einem sog. Trefferdreieck und nach dem 3. Kugelfallversuch darf noch kein Loch in der Scheibe sein. Die A-Scheiben bestehen aus zwei Glasscheiben, die mit einer zähen, elastischen Folie verbunden bzw. verklebt sind. Fällt nun die erste Kugel auf die Scheibe, so zerbricht in der Regel die äußere Scheibe, bleibt aber dank der Verklebung mit der Folie formstabil; nach dem 2. oder 3. Kugelfallversuch sind meist beide Scheiben zerbrochen, die Glasteile haften jedoch noch an der Folie, die federnd nachgibt, wenn Angriffe erfolgen. Insofern hat man bei einer A-Scheibe noch nicht die Möglichkeit einzusteigen,
wenn man 3mal oder öfters mit einem Hammer oder einem Pflasterstein gegen die Scheibe schlägt. Meist erreicht man nur, dass eine kleine Öffnung frei wird, durch die man nicht ohne Eigengefährdung seinen Arm strecken kann – z. B., um einen Riegel zu öffnen. Dennoch ist ein wesentlich größerer Aufwand nötig, um eine Öffnung zu erzeugen, durch die man einsteigen kann. Hingegen reicht bei einer konventionellen Doppelverglasung meist ein Steinwurf, um die zwei Scheiben in
sich zusammenfallen zu lassen. Somit ist ein schnelles Einsteigen bzw. ein Blitzeinbruch bei A-Verglasungen nicht möglich. Ist zudem die äußere Scheibe der Doppelverglasung konventionell ausgelegt und alarmüberwacht und die innenliegende Scheibe einbruchhemmend ausgelegt, dann ist der Schutz optimal, denn es erfolgt eine Alarmmeldung, bevor die physisch stabile Scheibe angegriffen wird.

B-Verglasungen bestehen aus mehreren Glasscheiben, die jeweils mit zähelas-
tischen Folien verklebt sind. Zwischen A- und B-Scheiben liegt ein enormer qualitativer Unterschied und aus diesem Grund wurde die Klasse “EH 02” zusätzlich eingeführt. Die B-Verglasungen werden mit definierten Axtschlägen in vorgegebenen Winkel “bearbeitet” und müssen diesen 30, 50 oder 70 mal (B 1, B 2 oder B 3) widerstehen, wenn sie nach “B” eingestuft werden sollen. Doch selbst nachdem man eine B 3-Scheibe 70 mal mit Axtschlägen zu zerstören versucht, ist die Scheibe noch lange nicht überwunden: Meist sind wesentlich mehr Axthiebe nötig, um alle zusammengeklebten Glasscheiben zu zerstören und um nur eine geringe Öffnung herzustellen. Wer die gesamte Scheibe herausschlagen will, kommt meist schneller an sein Ziel, wenn eine Ziegelwand durchbrochen wird. B-Verglasungen bilden zusammen mit der elektronischen Überwachung der äußersten Scheibe den optimalen Schutz, der jedoch entsprechend teuer ist.

Die C-Verglasungen halten Beschuß aus und die Gütequalität reicht von gering
(C 1) bis hoch (C 5). Eine C 5-Scheibe hält selbst mehrere Schüsse eines Nato-G 3-Gewehrs stand, ohne die Kugeln durchzulassen. Es ist bei den schußresistenten Verglasungen jedoch anzumerken, dass diese in “SA” und “SF” eingestuft sind, wobei die beiden Begriffe für Splitterabgang (SA) und splitterfrei (SF) stehen; dies bedeutet, dass auf der geschützten Seite bei Beschuß Glaspartikelchen abgehen können, oder eben nicht. Diese Glasteilchen können für Menschen ebenso gefährlich sein wie die Geschosse selbst, deshalb ist bei potentieller Menschengefährdung wie z. B. in Banken immer das etwas teurere SF-Glas zu wählen und mindestens die Schutzklasse C 3. Besonders für die Wohnhäuser von allgemein bekannten Politikern und Wirtschaftsmanagern sollte es C-Verglasungen geben – man denke nur an das Schicksal des Treuhand-Chefs Rohwedder, der in seinem Wohnhaus durch die geschlossene, konventionelle Glasscheibe mit einer Kugel ermordet wurde.

Die D-Verglasungen sind sprenghemmend; diese Scheiben werden nur in besonderen Hochsicherheitsbereichen eingesetzt, in denen auch die Wände sprenghemmend ausgelegt sind. D-Verglasungen werden hier nur der Vollständigkeit halber aufgezählt, sie sind für den betrieblichen Praktiker ohne Bedeutung.

Einbruchhemmende Türen werden in ET 1, ET 2 oder ET 3 eingestuft (steigende Schutzqualität). Die Praxis zeigt, dass die ET 1-Türen den aggressiven Angriffen
der heutigen Täter meist nicht standhalten, weswegen EH 2 oder besser noch EH 3-Türen angeschafft werden sollten. Die VdS-Vorschrift 2265 beschäftigt sich mit
der Prüfung von einbruchhemmenden Türen, sowie auch die DIN 18 103. Bei den Prüfungen wird das gesamte System geprüft, d. h. Rahmen, Türblatt (evtl. mit Glaseinlage), Beschlag, Schloß und Bänder müssen den jeweiligen Angriffen standhalten. Je nach Widerstandszeit halten die Türen Angriffe mit mehren stabilen Schraubendrehern, Keilen, Bohrmaschinen oder auch dem sog. Geißfuß aus. Gemessen wird immer nur die Zeit, die ein Angreifer aktiv aufwendet, d. h. Ruhe-
und Erholungspausen werden nicht mitgezählt. Wenn nun eine Tür nach 12 min. aufgebrochen ist, so bedeutet dies in der Regel, dass selbst ein gut ausgerüsteter Einbrecher im Normalfall nach 20 min. noch nicht am Ziel ist und das wäre eine hervorragende Zeit – in der Regel benötigen Einbrecher nämlich nur wenige Sekunden, um konventionelle Türen, Schlösser oder Fenster zu überwinden und
aus diesem Grund geben die meisten Einbrecher nach 2 bis spätestens 4 min. erfolglosem Einbruchversuch auf.

Auch die Prüfmethoden für einbruchhemmende Fenster (Rahmen) nach der VdS-Vorschrift 2164 bzw. DIN 18 055 sind nicht direkt auf den Schutzgrad umzusetzen. Der abschließbare Fenstergriff hält mindestens ein Drehmoment von 200 Nm aus (das ist ziemlich viel) und der Schließzylinder hat mindestens 4 Zuhaltungen mit mindestens 2.000 Variationen. An den Bohrschutz und die Verglasung gibt es entsprechend gleichwertig bzw. hochwertige Anforderungen. Wird versucht, das Fenster vom Rahmen wegzuhebeln (z. B. mit mehreren großen Schraubendrehern und Keilen), so darf es selbst bei größerer Kraftaufwendung keine Auslenkungen von mehr als 5 mm geben.

Derartige Fenster können mit dem “üblichen” Einbruchswerkzeug in akzeptabler
Zeit nicht mehr überwunden werden, sie bieten im Gegensatz zu konventionellen Isolierglasfenstern und deren konventionellen Rahmen erstmals wirklichen Schutz – allerdings dies auch nur dann, wenn es eine elektronische Überwachung an Rahmen und Scheiben gibt.

Beurteilung

Jede Kette ist nur so stabil wie ihr schwächstes Glied und das gilt auch für einbruchhemmende Elemente: Eine stabile Gebäudeeingangstür nutzt wenig, wenn die Balkontür, ein Hintereingang, der Kellerzugang oder das Klofenster leicht zu überwinden sind; die Vergitterung vor den Kellerfenstern schützt nicht vor dem Aufbrechen des Fensters im 1. OG. Primär wichtig ist also, dass alle potentiellen Schwachstellen, primär Türen und Fenster und ggf. auch das Dach in etwa die gleiche Widerstandsdauer aufweisen. Verglasungen müssen in etwa so stabil wie die Rahmen sein, denn über 90 % der Fenster und Fenstertüren werden nicht über die Scheiben, sondern über die Rahmen aufgebrochen.

Nur wenn die Gleichwertigkeit aller mechanischen Schwachstellen weitgehend hergestellt ist, wirkt das Schutzkonzept – und um die Schutzqualitäten vergleichen zu können, benötigt man ein amtliches Bescheinigung, also z. B. eine VdS-Einstufung. Zu viele Hersteller haben schöne Hochglanzbroschüren mit lediglich optisch beeindruckend wirkenden Produkten.

Zusammenfassung

Abschließend kann gesagt werden, dass geprüfte einbruchhemmende Gebäudeelemente im Gegensatz zu den konventionellen Türen, Scheiben und Fenstern einen wesentlich höheren Zeitwiderstandswert besitzen. Wenn in ein konventionell errichtetes Haus prinzipiell jedermann einbrechen kann, auch ohne besonders Werkzeug, ohne besondere Kraft und ohne großen Zeitaufwand, so ist dies selbst bei den geringen EH-geschützten Gebäudeelementen nicht mehr
möglich: Hier benötigt man schon viel Kraft, Zeit, kriminelle Energie und Wissen,
um diese Türen oder Fenster zu überwinden. Dennoch muß man auch mit rabiaten Einbrechern rechnen und deshalb rentiert sich der relativ geringe Mehraufwand für die jeweils höherwertigeren Gebäudeelemente.

von Dr.-Ing. Wolfgang J. Friedl

Copyright SecuMag. Vervielfälltigung, auch auszugsweise, ist straf- und
zivilrechtlich untersagt.

Professionelle
Personenschutzausbildung

hier klicken

Anzeige

[Über SecuMag]   [Berichte]   [Termine / Events]    [SecuMag Shop]    [Kontakt]  [Branchen-Links]  [Online-Werbung]  [Home]

Copyright SecuMag - Online 2005